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Die unbekannten Innovatorinnen – Eine Analyse der Geschlechterungleichheit (Teil 1)

Die unbekannten Innovatorinnen – Eine Analyse der Geschlechterungleichheit (Teil 1)
Aktuelles
15.07.2024 — zuletzt aktualisiert: 31.07.2024 — Lesezeit: 4 Minuten

Die unbekannten Innovatorinnen – Eine Analyse der Geschlechterungleichheit (Teil 1)

Von Ines Duhanic und Dr. Jörn Plettig

Das Recht des geistigen Eigentums spielt eine zentrale Rolle in der Förderung von Innovationen innerhalb der Europäischen Union (EU). Es bietet Erfindern und Kreativen einen rechtlichen Rahmen, um ihre Ideen zu schützen, und motiviert sie, neue Erfindungen, Designs und Werke auf den Markt zu bringen. Der Schutz dieser immateriellen Vermögenswerte ist entscheidend für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze und den Erfolg im Wettlauf um Künstliche Intelligenz und Technologie. Doch die Balance zwischen einem robusten Schutz des geistigen Eigentums und der Förderung weiterer Innovationen zu finden, bleibt eine ständige Herausforderung.

Die Matilda- und Matthew-Effekte

Zwei Phänomene, der Matilda-Effekt und der Matthew-Effekt, verdeutlichen die Komplexität dieser Balance. Der Matilda-Effekt bezieht sich auf die Tendenz, die Arbeit von Wissenschaftlerinnen zu unterschätzen oder ihren männlichen Kollegen zuzuschreiben. Der Matthew-Effekt hingegen beschreibt die Situation, in der erfolgreiche Forscher einen unverhältnismäßig großen Anteil an Anerkennung und Ressourcen im Vergleich zu ihren weniger bekannten Kollegen erhalten. Diese Effekte führen zu ungleichen Chancen und behindern die Innovation, insbesondere bei Frauen.

Das Verstummen von Rosalind Franklin und anderen Frauen: Ein klassischer Matilda-Effekt

Rosalind Franklin, eine britische Biochemikerin, leistete einen bedeutenden Beitrag zur Entschlüsselung der Struktur der DNA, erhielt jedoch nie die gebührende Anerkennung. Stattdessen erhielten drei Männer 1962 den Nobelpreis für diese Entdeckung. Ähnlich erging es Ada Lovelace, der ersten Programmiererin der Welt, und Lise Meitner, die zur Entdeckung der Kernspaltung beitrug, aber nie einen Nobelpreis erhielt. Diese Geschichten sind Beispiele für den Matilda-Effekt, der bis heute andauert.

Geschlechterlücken bei Designs und Erfindungen – Daten und Fakten

Aktuelle Studien des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), des Europäischen Patentamts (EPA) und der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) zeichnen ein besorgniserregendes Bild: Frauen sind als Designerinnen und bei Erfindungen bzw. Innovationen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Dies übersieht nicht nur ihr Talent, sondern schafft auch eine verzerrtes  Narrativ bei Innovationen und konterkariert den Fortschritt.

Die WIPO fasst auf ihrer Webseite zusammen, dass es bei der Nutzung des IP-Systems durch Frauen und andere Gruppen Diskrepanzen gibt. Laut WIPO-Daten, die im März 2024 veröffentlicht wurden, waren im Jahr 2023 nur 17,7 % der in internationalen Patentanmeldungen genannten Erfinder Frauen. Obwohl die Zahlen zu steigen scheinen, ist der Fortschritt langsam. Die WIPO schätzt, dass bei den aktuellen Raten die Parität unter den im Vertrag für Patentkooperationen (PCT) gelisteten Erfindern erst im Jahr 2077 erreicht sein wird.

Die Daten sprechen Bände

Der EUIPO-Bericht von 2023 über Innovatorinnen zeigt eine deutliche Geschlechterlücke. Frauen machen nur etwa 30 % der beim EUIPO eingereichten Designanträge aus. Der Bericht des EPA „Frauenbeteiligung an erfinderischer Tätigkeit“ bestätigt dies und hebt hervor, dass Frauen weniger als 20 % der Patentanmeldungen in Europa ausmachen. Der Bericht der Europäischen Kommission „She Figures“ bestätigt diesen Trend weltweit: Frauenforscherinnen in der EU arbeiten oft in Teilzeit und/oder nur unter Vertrag, verdienen weniger als ihre männlichen Kollegen und erhalten weltweit einen unverhältnismäßig geringen Anteil an Patenten.

Ein globales Problem

Dieses Problem beschränkt sich nicht nur auf die EU. Auch in Norwegen sind Frauen unter den Erfindern deutlich unterrepräsentiert. Die Generaldirektorin des norwegischen Patentamts, Kathrin Myhre, betont, dass es noch viel zu tun gibt, um Frauen zu ermutigen, Unternehmen zu gründen und Innovatoren zu sein. In einem kürzlichen Interview sagte Myhre gegenüber dem World Intellectual Property Review (WIPR), dass zwischen 2020 und 2022 fast 90 % der Patentanmeldungen aus Norwegen von Männern stammten. „Wir haben in Norwegen noch viel zu tun, wenn es darum geht, Frauen zu ermutigen, Unternehmen zu gründen, Innovatoren zu sein und geistiges Eigentum zu besitzen“, sagt sie.

Lesen Sie im zweiten Teil der Artikelserie mehr über die Strategien und Lösungen zum Abbau der geschlechtsspezifischer Ungleichheiten.

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